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Entfernungsmessung unter Tage: Der elektrooptische Distanzmesser Eldi 2 Mining

Elektrooptische Entfernungsmesser revolutionierten in den frühen 1970er-Jahren das Vermessungswesen. In Kombination mit herkömmlichen Winkelmessinstrumenten ermöglichten sie eine schnelle und genaue geodätische Vermessung. Die neuen Instrumente fanden bald Eingang in den Bergbau und verdrängten nicht zuletzt die unter Tage bis dahin üblichen Messleinen und Messketten. Inzwischen ist die Entfernungsmessung mit Licht längst alltagstauglich, und die schweren und unhandlichen Geräte aus der Anfangszeit finden sich in miniaturisierter Form heute in jedem Fotoapparat und jeder Handykamera.

Seit den 1960er-Jahren ermöglichten technisch-physikalische Innovationen wie der Laser oder die Leuchtdiode neue Entwicklungen in der Messtechnik. Praktische Anwendungen fanden sich bald in der elektrooptischen Entfernungsmessung, insbesondere in der Geodäsie. Mit ihrem gleichmäßig gebündelten Licht, ihrem geringen Energiebedarf und kleinen Abmessungen, ermöglichten vor allem Leuchtdioden den Bau neuartiger Streckenmessgeräte. Das Grundprinzip bildete dabei die Ermittlung der Zeitdauer, die ein ausgesandter und am Zielpunkt reflektierter Lichtstrahl brauchte, um vom Gerät wieder empfangen zu werden. Messungen dieser Art verdrängten die herkömmlichen Messleinen oder aufwendige Berechnungen über indirekte optische Verfahren.

 

Während Geräte mit Laserlicht und Mikrowellen Entfernungen von 60 bis 100 Kilometern bewältigen konnten, war das von Leuchtdioden ausgesandte Infrarotlicht für Kurzstrecken von bis zu 5 Kilometern geeignet. Doch unabhängig von ihrer Leistung trugen die Instrumente dazu bei, die in der Praxis des Vermessungswesens gängige Trennung von Winkel- und Distanzmessung endgültig aufzuheben. Als ein wichtiger Bestandteil eines jeden Theodoliten wurden Distanzmesser entweder als Zusatzgerät aufgesetzt oder fest verbaut. Eines der ersten Geräte, die beides miteinander kombinierten, war der von Zeiss entwickelte Elta 14 aus dem Jahr 1968. Er verfügte weiterhin über einen Lochstreifendrucker, der als Speicher und Schnittstelle für eine spätere Bearbeitung der Messergebnisse am Computer und zu ihrer Übertragung auf Karten diente. Für die Messungen war in der Anfangszeit ein am Zielpunkt aufgestellter spezieller Reflektor allerdings unumgänglich (montan.dok 037001204001). Eine Messung ohne Reflektor wurde erst in den 1990er-Jahren möglich. Sie bedeutete einen weiteren Schritt hin zum Bau so genannter Totalstationen, die unterschiedlichste Vermessungsaufgaben schnell und präzise bewältigen konnten.

 

Eines der ersten Instrumente, die im Bergbau unter Tage Verwendung fanden, war der elektrooptische Distanzmesser Eldi 2 von Carl Zeiss Oberkochen. Er ermöglichte Messungen von bis zu 5000 Metern und war ab 1976 auch in einer schlagwettersicheren Version verfügbar. Bei dem hier vorgestellten Gerät aus den Musealen Sammlungen des Montanhistorischen Dokumentationszentrums (montan.dok) handelt es sich allerdings um eine Weiterentwicklung mit verbesserter Messgenauigkeit und vereinfachter Bedienung, die unter gleichem Namen ab 1979 verfügbar war und ebenfalls in einer Ausführung für den Bergbau geliefert wurde (montan.dok 037001236001). Der Messvorgang war hier vollständig automatisiert und das Messergebnis über ein Feld mit Leuchtdioden ablesbar. Austauschbare Batteriepacks ermöglichten eine unabhängige Stromversorgung. Trotz der integrierten Bauweise war der Eldi 2 Mining wegen der schlagwettersicheren Einkapselung mit fast 9 kg ein Schwergewicht und fast doppelt so schwer wie die „Normalversion“. Aufgrund der Größe und des Gewichts wurde er vor allem in Gesteinsstrecken und für die Vermessung von Schächten eingesetzt. An schwer zugänglichen Orten wie etwa im Abbau waren weiterhin Messketten und Messleinen gebräuchlich (montan.dok 030012543001). Doch mit seiner relativ einfachen Bedienung und einem schnellen Messergebnis bedeutete das Instrument eine erhebliche Erleichterung der Vermessung unter Tage, wenngleich zuweilen der allgegenwärtige Staub, die Nässe oder auch hohe Temperaturen zu einer Verfälschung der Werte führen konnten.

 

Der Eldi 2 Mining stellt nicht zuletzt eine Adaption technischer Innovationen für den Bergbau dar, die auch in anderen Fällen zu beobachten ist. Ähnlich wie Leuchtdioden die Entfernungsmessung durch Licht unter Tage praxistauglich machten, ermöglichte die Einführung der Kreiseltechnik als Alternative zum Magnetkompass die spätere Entwicklung von Geräten, die unter Tage eine präzise Richtungsbestimmung ohne magnetischen Nordpol zuließen. Der in den 1950er-Jahren speziell für die Vermessung unter Tage entwickelte so genannte Meridianweiser basierte auf ersten, bereits in den 1920er-Jahren durchgeführten Versuchen mit Gyroskopen. Auch hier setzte in der Folge ein langsamer Prozess der Miniaturisierung und Automatisierung ein. Wogen diese Anlagen anfänglich samt Ausrüstung fast eine halbe Tonne bei einer Messdauer von 3 bis 5 Stunden, so wiegt der heutige Gyromat 5000 mit zugehöriger Ausrüstung nur noch 50 kg und braucht für eine Richtungsbestimmung knapp 10 Minuten. Die parallele Entwicklung hin zu einem elektronisch gesteuerten Theodoliten ermöglichte es zudem, diese Richtungsbestimmungen mit anderen Messvorgängen zu kombinieren und zu integrieren.

 

Ob Entfernungsmessung oder Bestimmung der Himmelsrichtung: Die Verwendung der Leuchtdiode und anderer elektronischer Bauteile im Vermessungswesen steht insgesamt für einen grundlegenden Technologiewandel im Bergbau seit den 1960er-Jahren. Innovationen in der Messtechnik gingen somit Hand in Hand mit einer allgemeinen Automatisierung und Rationalisierung unter Tage, die den Bergbau nicht nur an der Ruhr grundlegend veränderten.

 

01. Juni 2024 (Dr. Stefan Siemer)

 


Literatur

Deumlich, Fritz: Instrumentenkunde der Vermessungstechnik, 8. Auflage, Berlin 1988.

 

Goerke-Mallet, P[eter]/Bindick, H.: Elektrooptische Längen- und Teufenmessungen mit Zeiss Eldi Mining und dem Wild DI 3000, in: Das Markscheidewesen 105, Heft 1, 1998, S. 132-134.

 

Juretzko, Manfred: Die Entwicklung der reflektorlosen Tachymetrie, in: Allgemeine Vermessungs-Nachrichten (AVN) 121, Heft 7, 2014, S. 255-259.

 

Meier, H. K.: Zeiss-Innovationen im geodätischen Instrumentenbau, in: Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik/Mensuration, Photogrammétrie, Génie rural, Heft 3, 1992, S. 132-137. DOI: https://doi.org/10.5169/seals-234815.

 

Museum für Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund (Hrsg.): Vermessungsgeschichte, 3. Auflage, Dortmund 2009 (= Museumshandbuch, Teil 2).

 

Weiß, Erich (Hrsg.): Meilensteine im Instrumentenbau: 12. Symposium zur Vermessungsgeschichte in Dortmund am 10.02.2014 im Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Dortmund 2014.

 

Online-Portale: montandok.de. Unter: https://www.montandok.de/objekt_start.fau?prj=montandok&dm=Montanhistorisches%20Dokumentationszentrum&ref=297516https://www.montandok.de/objekt_start.fau?prj=montandok&dm=Montanhistorisches%20Dokumentationszentrum&ref=297273; https://www.montandok.de/objekt_start.fau?prj=montandok&dm=Montanhistorisches%20Dokumentationszentrum&ref=295485. Museum-digital. Unter: Elektrooptischer Distanzmesser :: Deutsches Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen :: museum-digital:deutschlandReflektor für die elektrooptische Distanzmessung :: Deutsches Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen :: museum-digital:deutschland; Messkette 30 m :: Deutsches Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen :: museum-digital:deutschland. (Eingesehen: 16.05.2024)